Sonntag, 2. September 2012

Die Ästhetik von Unterholz


In Russland gibt es viel... Natur. Doofe Aussage, allein schon weil der Begriff “Natur” so herrlich flexibel ist, sodass ihn jeder gerade so verwendet, wie es ihm passt. In Russland gibt es viel unbebaute Fläche, die mit diverser Vegetation bewachsen ist. Und dazu muss man nicht einmal nach Sibirien sehen, es reicht schon 20-30 km außerhalb von Moskau zu fahren.
Und in Russland wird oft sehr achtlos mit dieser “Natur” umgegangen. Müllkippen im Wald, verdreckte Flüsse, zahlreiche Angler ohne Angelschein. So etwas ist hässlich.

Aber manchmal braucht es eben diesen achtlosen Umgang, damit “Natur” auch als solche aussehen kann.
Zum Vergleich dazu Deutschland (Disclaimer: wie ich es im Vergleich zu Russland sehe und erlebe): auch in Deutschland, z.B. auch um Heidelberg herum, gibt es unbebaute Flächen. Diese sind dann auch mit Vegetation bedeckt. Aber diese sieht dann auch stets sehr gepflegt aus. Den Wäldern fehlt das Unterholz, man kann nahezu problemlos zwischen den Bäumen umherspazieren. Es gibt sinnvoll-seriöse Felder und es gibt eitle-schönlinghafte Rasen, das wirre Kuddelmuddel einer Wiese (mit zig verschiedenen Gräsern und Blumen und kleinen Sträuchern und Mäusehöhlen) sucht man vergebens. Und mit dieser “Natur” geht man auch mit großer Ehrfurcht um. Flussufer sind mit Mülleimern gesäumt, durch den Wald führen ordentliche kleine Pfade, damit man nicht wild rumtrampeln muss, an Feldwegen informieren Tafeln über die hier vorzufindenden Vogelarten.
Versteht mich bitte nicht falsch, ich will die Bedeutung des Umweltschutzes nicht herunterreden und ihn auch nicht ins Lächerliche ziehen. Aber teilweise lässt er “die Natur” derart aufgeräumt wirken, dass sie schon nicht mehr authentisch sein kann, und teilweise kommt durch den respektvollen Umgang mit ihr auch eine große Distanz daher.