Sonntag, 29. Juli 2012

Impressionen

Ein kühler Wind, der einem die Haarsträhnen aus dem Gesicht bläst, aber nach warmer Sommerluft riecht. Die melodischen Klänge von Wolfsheim im Ohr, Heppner singt sein zerbrechliches Versprechen: "We'll discover what will make us free". Und ich glaube ihm.

Es ist diese letzte Stunde vor Sonnenuntergang. Es ist klar, dass schon bald der Horizont sich rot färben wird und einen die schmerzliche Melancholie eines verfrühten Spätsommerabends durchfluten wird. Dass auch bald schon die surreale Dunkelheit, die man ohne begleitende Kälte nicht ernst nehmen kann und einen nur noch weiter wach hält, sich herabsenken wird.
Aber noch ist es nicht so weit. Noch ist das Licht präsenter als zur Mittagszeit, sehr flüssig. Verfängt sich golden in den Ästen, spielt mit den Blättern. Spiegelt sich im Wasser und bittet den Fluss, stehen zu bleiben.

Beine, die von selbst laufen. Boden, der schon auf die Schritte wartet. Lungen, die mehr als nur Luft einatmen.
Ewigkeit und Vergänglichkeit verschmelzen unbemerkt.

"When time stands still...
A moment lasts... Approaching lightspeed"

Kommunikationskultur

Ich finde es interessant. Die Konventionen unserer Gesellschaft bzw. - um es mal auf den Teil, wo ich mich am meisten bewege und deshalb am bestens auskenne - meiner Peer-Group (20-30 Jahre alt, akademischer Dunstkreis, tendentiell linksliberal) begünstigen passiv-aggressives Verhalten in Streitigkeiten.

Donnerstag, 26. Juli 2012

Hitze

Ich gebe es ja zu, es war wohl nicht die beste meiner Ideen, heute in der 11-Uhr-Hitze meine 9km-Runde rennen zu gehen.
Ich kann ja verstehen, weshalb man schwitzt und weshalb die Hitze durch eine Mehrdurchblutung der Haut nach außen abgeleitet wird (mit anderen Worten: weshalb man danach klitschnass ist und eine Tomate zum Kopf hat). Aber wieso ist Rennen bei 30°C so viel anstrengender als dieselbe Strecke im selben Tempo bei, sagen wir mal, 10°C? So viel Energie kann der Betrieb von ein paar Schweißdrüsen ja nicht kosten.
Und ja, mir ist komplett klar, dass gerade ich als Medizinstudentin das wissen sollte.

Some things

Manchmal frage ich mich. Und dann frage ich mich, weshalb ich mich frage. Und was ich davon hätte, eine Antwort zu haben. Also - außer einer Antwort. Und ob ich von dieser etwas hätte, bleibt fraglich.

Im Alltag gelesen (Teil 2)

Ich glaube, nur in Deutschland findet man eine so hohe Dichte passiv-aggressiver Mitteilungen an Haustüren, Einfahrten und Briefkästen.

Natürlich, man kann ein "Bitte keine Werbung"-Schild an den Briefkasten kleben. Aber das ist doch langweilig, wenn man stattdessen ein komplett bedrucktes DIN A4-Blatt aufhängen kann, auf dem etwas blumiger draufsteht, dass man keine Werbung erhalten möchte: "Keine Werbung, also GAR keine! Und auch keine kostenlosen Zeitungen. Und auch nicht die Wochenendausgabe der RNZ. Hören Sie einfach auf meinen Briefkasten zuzumüllen. Ich weiß, dass sie sich an die "Keine Werbung"-Schilder halten müssen!" usw.
(Analog dann auch bei "Einfahrt bitte freihalten" und "Zeitung So-und-so gehört Fam. Schmidt, sich bitte nicht daran bedienen".)

Als Postbote würde ich vermutlich ganz gezielt in solche Briefkästen Werbung reinlegen, während ich die mit einem schlichten "Keine Werbung (bitte)"-Schild verschonen würde. Einfach weil.

Im Alltag gelesen (Teil 1)

Ich lese gerne Graffiti. Manchmal sind das echte Perlen darunter. Manchmal sind sie einfach nur schön kryptisch und ich habe etwas zu rätseln. Und manchmal sind die Sprüche nicht sonderlich originell - haben aber durch die Kombination von Ort und Text einen besonderen Witz.

Ich sage nur:
"Macht kaputt, was euch kaputt macht" - an der Wand einer Suchtklinik.

Freitag, 20. Juli 2012

Pawlows Katze

So lernresistent kann doch kein einziges Wirbeltier sein.

Ich glaube, die Katze hat schon längst verstanden, dass sie nicht auf die Tische darf. Und dass ich dann immer ankomme und sie im hohen Bogen runterwerfe.

Meine Vermutung ist, dass es ihr einfach Spaß macht, durch die Luft zu fliegen.

Donnerstag, 19. Juli 2012

Diskussionskultur

Eine sehr fiese Masche - finde ich - ist es, in einer Diskussion seine Meinungen oder Argumente mit "Man wird doch wohl noch sagen dürfen, dass" einzuleiten. Es gibt gibt da noch die verschärfte Variante, wo "sagen" durch "der Meinung sein" oder gar durch "denken" ersetzt wird.

Mittwoch, 18. Juli 2012

Arbeitswelt

Manchmal ärgere ich mich wirklich, dass ich Medizin studiere.
Würde ich jetzt wieder frisch nach dem Abitur dastehen, würde ich Soziale Arbeit oder Sozialpädagogik studieren.
So viel multidimensionaler und fachübergreifender, mit viel direkterem Kontakt zu dem Menschen. Und auch schlichtweg - viel nettere Kollegen (von meiner Erfahrung her) und nicht so strikt hierarchische Strukturen.

Aber jetzt - nach deutlich mehr als der Hälfte des Studiums - werde ich Medizin auch garantiert nicht hinschmeißen.
Verdammt. Man sollte sich nicht anhand seiner Schulzeit einreden, man wolle nicht mit Menschen zusammenarbeiten, nur um anderthalb Jahre später das komplette Gegenteil davon festzustellen.

So faszinierend Gebiete wie Teilchenphysik und Molekulargenetik sein mögen, für mich bleibt der Mensch ("als solcher"), ob seiner Komplexität, v.a. wenn man ihn eingebunden in sein soziales Gefüge betrachtet, die spannendste Materie.
Und Umgang mit Menschen, auch wenn sie Patienten/Klienten sind, hat dann auch etwas von Schlittschuh-Laufen oder Tanzen: man weiß oft gänzlich intuitiv, was man macht. Und gerade diese Intuitivität von komplexen Abläufen hat einen ganz besonderen Reiz.

Samstag, 14. Juli 2012

Culteum

Jetzt wohne ich bald schon vier Jahre hier in der Region und war noch kein einziges Mal in Karlsruhe bei einer schwarzen Tanzveranstaltung. Das soll sich heute Abend ändern.

Freitag, 13. Juli 2012

"Wie kann ich gerecht sein,

... wenn ich nicht rächen kann. [...] Denn den finsteren Onkel, der das Verbrechen begangen hat, gibt es nicht mehr."

Zeilen aus der Aufführung HAMLET von der Performance-Gruppe Rampig. Ich komme gerade von der Premiere und bin beeindruckt.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Werbung

Heute einen Artikel zum Thema der Wahlkampffinanzierung in den USA gelesen. Und war wütend.
 Und nein, mir geht es hier nicht darum, dass eine politische Kultur, in der der Ausgang einer Wahl maßgeblich davon bestimmt wird, wer die reicheren Sponsoren hat, keine ehrliche und fähige Regierung hervorbringen kann.

Noch viel grundlegender - man stelle sich einfach mal alle Personal- und Materialkosten, eben alle Ausgaben vor, die für Werbung getätigt werden. Und nicht nur Wahlkampfwerbung, auch Produktwerbung. Millionen Geldeinheiten, die von Unternehmen ausgegeben werden. In Summe Milliarden.
Und wozu? Um den Umsatz zu steigern. Was zum Großteil im Klartext heißt: eine Nachfrage künstlich generieren oder der Konkurrenz Kunden wegschnappen, nicht weil man durch bessere Qualität überzeugen kann, sondern weil man in den Köpfen der Menschen Assoziationen zwischen bunten Schriftzügen, glücklich grinsenden blonden Familien oder Bikini-Models und dem eigenen Produkt herstellen kann.

Würden, sagen wir mal, alle Fruchtsaft-Hersteller sich darauf einigen können, keine Ausgaben mehr für Werbung zu tätigen, wie viel günstiger könnten sie die Produkte (bei gleichbleibender Qualität) anbieten?

Und besonders lächerlich ist das Konzept von Werbung, wenn die Konkurrenz nur scheinbar vorhanden ist. Als prägnantestes Beispiel fallen mir dazu die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) ein. Es kann der AOK doch egal sein, ob sie der Techniker Krankenkasse oder der BKK ein paar Versicherte abwerben kann - durch den Finanzausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen fließen alle Einnahmen der GKV sowieso in einen "gemeinsamen Topf", aus dem auch alle Ausgaben aller GKV getätigt werden. Aber dennoch wollen mich an Straßenbahnhaltestellen und am Straßenrand vitale junge Menschen (die so schmierig grinsen, dass es ein Wunder ist, dass sie nicht längst vom Plakat geglitten sind) und bunte Buchstaben dazu überreden, zur AOK zu wechseln. Und dann bekomme ich mit, wie im Krankenhaus Stellen gestrichen werden und Patienten bloß keinen Tag zu lange auf Station bleiben dürfen.

Das mag jetzt weit hergeholt klingen, ist es vielleicht auch.
Aber ich sehe keinen gesellschaftlichen Mehrwert in großen, teuren Werbekampagnen.
Wo ich es wiederum anders sehe, ist bei Kampagnen, die der Aufklärung und Information der Bevölkerung dienen.

Was so im Labor rumsteht

Manchmal faszinieren mich meine Kollegen am Institut, wo ich meine Doktorarbeit mache. Und bei manchen Sachen würde ich gerne den Kontext wissen.
Über den internen Mailverteiler kam gestern die Frage: "Wer hat die Langlaufski im Suchtforschungslabor abgestellt und wem gehören sie?"

Narben

Teil 1 
Manchmal finde ich das Verhalten von Menschen reichlich unreflektiert.

Samstag, 7. Juli 2012

Blut sehen

Manchmal verwundere ich mich selbst.
Ich habe schon in der Notaufnahme gearbeitet und bei Operationen zugesehen und assistiert. Die Gesamtmenge an Blut, die ich Patienten abgenommen habe, beträgt sicher schon mehrere Liter.
Aber wenn ich die Beschreibung einer Folterszene lese, bei der dem Protagonisten die Nase gebrochen wird, wird mir von den Ausführungen zu seinem Nasenbluten schwummrig und mein Kreislauf verabschiedet sich endgültig.

Freitag, 6. Juli 2012

Lyrik, die Zweite


Ein etwas aktuellerer Text:

Ich bin mal wieder etwas Urheber


Da ich lange nichts Schreiberisches von mir hier gepostet habe, gibt es jetzt mal wieder etwas.
Diese Einheit Lyrik (das Wort "Gedicht" widerstrebt mir manchmal) entstand vor ziemlich genau zwei Jahren und ist einer meiner persönlichsten Texte.
Und da ich mich mal wieder als Kanzerogen fühle, habe ich mich an seine Existenz erinnert.

Mittwoch, 4. Juli 2012

Some faith in humanity has been restored

Ich sitze gestern Abend/Nacht auf einer Brücke (Schotterweg über eine Bahntrasse), höre Musik, schreibe und rauche.
Hinter mir läuft telephonierenderweise ein Kerl vorbei. Typus Checker.

Montag, 2. Juli 2012

Sinnfragen sinnlos

Da hat Gianni Vattimo einige sehr wahre Worte gesprochen:
"Nach dem Ende der großen Erzählungen über Sinn des Lebens und Ziel der Geschichte besteht die Funktion der Philosophie nicht mehr darin, den Menschen zu zeigen, wohin sie unterwegs sind, sondern wie man unter der Bedingung lebt, nirgendwohin unterwegs zu sein."
(raubmordkopiert von http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/immer-schon-busy)

Heute ist mal wieder so ein Tag, an dem ich die transzendentale Obdachlosigkeit nicht als befreiend, sonder als bedrückend erlebe.

Sonntag, 1. Juli 2012

Begegnungen

Man würde meinen, dass wenn man einen Menschen in einer Nische ca. 6 Meter über dem Boden unter einer Brücke sitzen und Musik hören sieht, man sich denken kann, dass dieser Mensch gerade alleine gelassen werden möchte.
Aber nein, stattdessen bekam ich heute die wohl schlechteste Anmache meines Lebens.
"Soll ich hochkommen?"
Ich: "Äh, nee, lass mal."
"Hast du 'nen Becher? Ich hab' nämlich eine Flasche Mineralwasser."

Manche Abende

Erst Poetry Slam gucken und das letzte Stückchen Vertrauen darin verlieren, in meiner Generation noch literarische (oder anderweitige) Gleichgesinnte zu finden.

Dann der apokalyptischen Gewittersymphonie lauschen, die Lichteffekte genießen und den Regen einen Wasserfilm auf meiner Haut bilden lassen. Und das Spektakel dirigieren.