Sonntag, 20. Januar 2013

#KeinFußBreit

Dies ist weniger ein Post mit Inhalt, als eine Bitte, die Kommentarfunktion für eine Diskussion zu nutzen und mir evtl. ein paar nützliche Ratschläge zu geben.

Und zwar geht es mir um die Frage: "Wie geht man damit um, wenn enge Familienmitglieder (z.B. die Eltern) offensichtlich und z.T. auch extrem rassistische Positionen vertreten?"

Dass die Eltern - oder auch grundsätzlich andere Menschen, mit denen man zu tun hat - in vielen Fragestellung eine andere Meinung als man selbst haben, ist ja unvermeidbar. Finde ich persönlich auch gut und eine Bereicherung der Kommunikation. Aber wenn man überzeugter Anhänger der Position der Universalität der Menschenwürde ist, Rassismus auf allen Ebenen, v.a. im Alltag, zu bekämpfen versucht und rassistische Haltungen und ihre Vertreter einfach verachtet, ist es ganz schön happig, wenn von den Eltern Sprüche wie "Naja, es wird wohl einen Grund geben, wieso Deutschland eine führende Wirtschaftsmacht ist, und das kannst du nicht nur historisch-soziologisch erklären, das hängt damit zusammen, dass Deutsche halt tüchtig und schlau sind" (Zitat sinngemäß) kommen.

Andererseits sind es eben auch Menschen, die  a)für einen selbst verdammt viel getan haben und immer noch bereit wären, verdammt viel für einen zu tun, denen man dementsprechend zu Dankbarkeit verpflichtet ist und b) man in anderen Bereichen durchaus als moralisch integer kennen gelernt hat.

Das einzig logische, was mir einfällt, ist zu sagen: "Ich mag euch als Menschen, aber in dem Punkt ist eure Meinung übelste Scheiße." Das wird jedoch als persönlicher Angriff gewertet. Ich solle doch, wenn ich dazu eine andere Meinung habe, um den Familienfrieden willen die Klappe halten,

Und jetzt: moralisch-ethische Diskussion über das richtige Verhalten in einer solche Konstellation. Go!

6 Kommentare:

  1. Es gibt in dieser Situation nicht "das richtige" Verhalten. Denn es stehen sich hier die Dimensionen politischer Integrität und familiärer Loyalität in einem Nullsummenspiel gegenüber. Beides gleichzeitig zu maximieren ist nicht möglich.

    Die Frage die sich stellt ist also, ob eure beiden Positionen unverrückbar sind. Ist dem so, wäre wohl die Bitte an deine Eltern ratsam, von entsprechenden Äußerungen - um des lieben Friedens Willen - Abstand zu nehmen, während du deinerseits das Thema versuchst zu umschiffen. Ist dem nicht so, hat es durchaus Sinn, diese Diskussionen weiter zu führen, aber mit maximaler Besonnenheit und Empathie an die Sache heranzugehen.

    Kritisch wird es, wenn es darum geht die Schwelle zu bestimmen, ab derer die rassistische Kackscheiße dermaßen verdichtet und hochfrequent andefäkiert kommt, dass man den Kontakt zur Gegenseite meidet bis abbricht.

    Lange Rede kurz: ich weiß es doch auch nicht :( Aber der #Flausch sei dir sicher!

    AntwortenLöschen
  2. Ich hatte mal die Situation, wo meine alte Tante bei einer Familienfeier meinte: "Such Dir aber keine schwarze Frau. Blaumeise und Kohlmeise paaren sich schließlich auch nicht."
    Da war ich auch erst baff, aber habe ihr (alte Sozialdemokratin, damals über 70) was von humanistischen Werten, Gleichheit etc erzählt und dass ihr Weltbild einfach falsch ist, weil gilt: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Das Ganze recht freundlich und ohne Hass (aber wohl auch nur weil ich wusste, dass sie eigentlich eine sehr soziale und liebe Frau war). Wir konnten dann offen darüber reden (auch wenn es manchen Leuten am Tisch sehr unangenehm war, dass nun ein so hochpolitisches Thema diskutiert wurde). letztendlich hatte sie es dann eingesehen (zumindest ihren Worten nach - man steckt ja nicht drin).

    AntwortenLöschen
  3. Ich denke das Problem, dass sich stellt ist nicht nur die Frage nach dem Verhalten im Sinne von integer oder passend, sondern auch von Prägung.
    Oftmals, gerade wenn ich jetzt an die Generation meiner Eltern denke, ist das nicht mal abwertend oder bewusst. Sondern Sprachgebrauch, wo sich durch Prägung und den so erlernten Sprachgebrauch unterschwellig eine Art von "nicht wirklich vertetener" Meinung herausgebildet hat. Hier liegt meiner Meinung nach das Problem.
    Bevor jetzt der falsche Eindruck entsteht, ich will jetzt kein *pat-pat*-die-meinen-das-nicht-so machen. Ich meine, dass es den Leuten meist nicht bewusst was sie damit aussagen. Praktische Beispiele findet man ja stetig im Alltagsleben. Das ist alles keine Entschuldigung, aber ich denke mit dem im Hinterkopf ist es vllt möglich den leuten klar zu amchen, was sie sagen und sie zum denken anzuregen?

    AntwortenLöschen
  4. Teil 1:

    Zwei Wünsche hast Du und zwei Ansätze und so will ich so frei sein darauf einzugehen, sowohl was Diskussion betrifft, auch an die Bitte um Rat.
    Zunächst einmal würde ich Nate widersprechen. Sicherlich mag es diesen Fall geben und wird auch häufig vorkommen, doch liegt mir bei Deinen Eltern ein anderer Fall vor. Hier liegt keine Sprachunbewusstheit vor. Sie benennen keine Randgruppe mit einem diffamierenden Ausdruck ohne sich der Bedeutung ihres Sprachgebrauchs bewusst zu sein. Auch scheinen mir keine Konventionen vorzuliegen, sie sprechen nicht metaphorisch von „Er ist faul wie ein Isländer“ ohne die abwertende Bedeutung gegenüber Isländer zu reflektieren. (Dieses Beispiel wurde konstruiert und bildet eine Beleidigung, die so als Kollokation hoffentlich unbekannt und ungebräuchlich ist, sollte dennoch ein Ausdruck existieren, der auf einen solchen Sachverhalt hindeutet, so geschah dies gänzlich ohne Absicht und zu meinem Bedauern.)
    Beides lässt sich dadurch ausschließen, dass Du sie darauf angesprochen hast und sie zu einer ersten Reflexion genötigt hast.

    AntwortenLöschen
  5. Teil 2:

    Kalles Beispiel ist hierbei ein schöner diskursiver Ansatz, den ich weitestgehend zustimmen würde, auch wenn ich seine in kürze dargestellte Argumentationslinie für löchrig halte, doch soll hier das nicht das Thema sein.
    Herr_Samsas scheint mir das Problem, welches du geschildert hast am ehesten zusammenzufassen, auch wenn ich ein massives Problem mit seiner Einteilung habe: sein beschriebenes Nullsummenspiel aus politischer Integrität und familiärer Loyalität. Während ich das politisch Integre unterstütze, so lehne ich sowohl die Vorstellung eines Nullsummenspiels ab, als auch die Rede von „familiärer Loyalität“ mir zuwider und unpassend erscheint. Ein Nullsummenspiel setzt voraus, dass ein herrschaftsfreier Diskurs gar nicht möglich ist. Diskurs und Argumentationsfähigkeit wird geleugnet und Unbeweglichkeit vorausgesetzt. Ich erachte das für hochgradig falsch und gefährlich, denn wenn du dies übernimmst, so hast du letztlich wirklich nur die Wahl zwischen Verleugnung nicht nur deines politischen Ideals, sondern auch einer weltanschaulichen Überzeugung zugunsten der Harmonie mit deinen Eltern – und dies wäre genau die Situation des Schweigens – oder der Bruch mit ihnen, da du ihre Situation nicht akzeptieren kannst.
    Dahingehend stört mich auch der Begriff der „familiären Loyalität“ bei der ich wohl schlichtweg einfach keinen Bezug dazu habe. Ich erkenne darin keine Loyalität, die ein Stillhalten und ein Schweigen rechtfertigen würde. Im Gegenteil, wenn ich das Argument umdrehe, so könnte man gerade sagen, dass eine Äußerung über ein tiefempfundenes Fehlverhalten und Fehlansicht der Familie keine Äußerung benötigt und ein Schweigen gerade Ausdruck der Illoyalität wäre. Loyalität als Ausdruck auch die unbequemen Dinge zur Sprache zu bringen.

    AntwortenLöschen
  6. Teil 3:

    Letztlich stellt sich die Frage zurück an Dich und dies mag hier die Gemeine sein. Wie wichtig sind Dir die Grundrechte und wie überzeugt bist du davon, dass alle Menschen gleich geboren sind? Gehen sie soweit, dass Du dich auch in den Streit mit deinen Eltern begibst? Oder ist Dir hier der Widerstand und das eigene Wohlbefinden zu groß, als dass du eine klare Position beziehst, bzw. bevorzugst dem Thema auszuweichen und diesen Rassismus aus Bequemlichkeit zu umgehen, mit der Beruhigung, dass er ja nur latent ist und keine realwirkliche Auswirkung besitzt.
    Ich sehe insofern auch deine eingebrachten Punkte nicht als entscheidend an. Sicherlich bist Du ihnen zu Dankbarkeit verpflichtet. Dankbarkeit äußert sich meiner Ansicht nach aber eben nicht in stillschweigender Ergebenheit. Und gerade b), die Einschätzung deiner Eltern als moralisch integre Wesen lässt doch gerade darauf hoffen und glauben, dass sie aufgeklärte Menschen sind, die sich auch noch verändern können.
    Doch bevor du meine Worte nun entweder als leichtes Gerede dahinstellst oder als weltfremd brandmarkst, lass Dir gesagt sein, dass ich meine Antwort nicht leichtfertig verfasst habe, noch von Dir eine Extremform einfordere und Du dich zu entscheiden hättest, an deinem politischen Weltbild festzuhalten und den Bruch mit deinen Eltern zu vollziehen, oder dieses Weltbild zu verleugnen zur Treue deiner Eltern.
    Ich würde einen Mittelweg gehen und ich glaube fast, dass du diesen Weg bereits gehst. Während man vor anderen Gruppen sich breit hinstellen kann und erklären, dass man mit diesen Menschen nichts zu tun haben will, dass sie Rassisten und mehr sind, ist eben dieses Schildermalen bei den Eltern nicht willkommen. Man liebt sie ja doch, gleich ihrer Ansicht. Aber gleich sein, kann einem so eine Ansicht auch wieder nicht und daher ist mein Tipp, so einfach und platt er auch klingt, der fortgesetzte Dialog mit ihnen.
    Es muss kein Thema sein, dass jedes Mal auf der Tagesordnung steht und der einzige Gesprächspunkt ist, es können sicherlich Tage und Wochen vergehen, bei der dieses Thema keine Rolle spielt, da andere Punkte im Zentrum stehen. Jedoch solltest Du niemals, wenn das Thema zum Tragen kommt oder angeschnitten wird, davor zögern, deine klare Position, Meinung und Überzeugung darzulegen. Das Thema muss nicht forciert werden, soll aber auch nicht aus falscher Rücksichtnahme ignoriert werden.
    Ich weiß, dass dies ein Drahtseilakt zwischen zwei Klippen ist, doch wenn ein Seil das einzige ist, was sich darüber spannt, so muss man den Akt wagen. Die Spannung ist zu erdulden. Doch glaube ich, dass du dies alles bereits weißt.

    AntwortenLöschen