Mittwoch, 9. Juli 2014

Professionelle Distanz

Ich mag es, Patient*innen zu haben. Ich mag es umso mehr, sympathische Patient*innen zu haben. Und noch mehr, sympathische und intelligente (und oftmals gesitig frühreife) Patient*innen zu haben.

Wo es kippt, ist wenn ich Patient*innn behandeln soll, bei deren Problemen ich eigentlich nur trauig den Kopf schütteln und "Hast recht. Die Welt ist scheiße, ein Großteil der Menschen sind inolerant und oberflächlich und langweilig und dennoch ist man selbst genauso ein Mensch mit denselben Macken und nicht so hochgeistig, wie man es gerne wäre, und verspürt das Bedürfnis nach Gemeinschaft und einfach nur Anerkennung. Du hast es erfasst, viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen, man muss mit dieser Kränkung des eigenen Ego leben, die Zähne zusammenbeißen und fleißig weiterstapfen."

Das mag ich weniger. Das stürzt in Sinnkrisen.

2 Kommentare:

  1. Nein, so ist es.
    "Da musst du durch." klingt Scheisse, "anders geht es nicht" versöhnlicher. Du musst erst oft und viele Erfahrungen machen um ganz zu sein, die Natur des MEnschen (in Gesellschaft) ganz zu begreifen. Alles andere verliert sich schnell in Illusion, Imagination. Was nützen diese, wenn sie doch nur Irrlichter sind?
    "Was ist ein Tier, das unfähig ist zu leben?". Frühe Erkenntnis zu einem ungünstigen Zeitpunkt, die zunächst ins Verderben stürzte. Diesseits oder jenseits. Das Leben wird sich nie von allein leben.

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  2. In gewisser Weise ist es ja nicht wirklich eine Sinnkrise, subjektiv in dem Moment schon, a la "Das macht alles keinen Sinn" etc. pp..

    Doch verkennt man damit den eigentlichen Nicht - Sinn des Natürlichen, ob das nun die erste Natur oder die zweite Natur ist, ihnen inhärent ist die Logik des Thanatos.

    Das Problem ist in gewisser weise nicht, der existente Nicht – Sinn, sondern die phantasmatische Suche des $ubjektes nach dem Moment, der dem Nicht – Sinn, Sinn verleiht.

    Statt mit dem Gedanken und dem Begehren des großen Anderen zu brechen, im Kontext von Nestwärme, Kollektivmoment und Identitätskitsch, verschreibt man sich diesen, um der eigenen ex-istens eine Individuelle Note zu geben, um wieder das Scheitern dessen zu verkennen.

    »Der geistlichen restitutio in integrum, welche in die Unsterblichkeit einführt,entspricht eine weltliche, die in die Ewigkeit eines Unterganges führt und der Rhythmus dieses ewig vergehenden, in seiner Totalität vergehenden Weltlichen, der Rhythmus der messianischen Natur,ist Glück. Denn messianisch ist die Natur aus ihrer ewigen und totalen Vergängnis.
    Diese zu erstreben, auch für diejenigen Stufen des Menschen, welche Natur sind, ist die Aufgabe der Weltpolitik, deren Methode Nihilismus zu heißen hat.«

    (Walter Benjamin – Theologisch – politisches Fragment)

    Es gilt dem falschen Schein des Sinns, den Kampf anzusagen, um über seine Negation, die versöhnliche Vermittlung von Natur und Gesellschaft, als einzig existenziale Möglichkeit für ein Leben, wo man »Ohne Angst verschieden sein« (Adorno) kann, zu explizieren.

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