Samstag, 3. August 2013

Slice of life

Ein wunderschöner Augustabend. Ich beschließe (nachdem ich wieder am Verzweifeln angesichts des Bergs an Organisationsaufwand für das halbe Auslandstertial war) eine gemütliche Runde mit den Inline-Skates nach Ladenburg und zurück zu drehen. Schön entlang des pittoresken Neckarufers. Wo ich aufgrund des schönen Wetters mitnichten alleine bin - immer mal wieder kommen mir Radfahrer, Jogger oder Spaziergänger aller Altersstufen und sozioökonomischen Schichten.

Gerade rolle ich also durch die Gemeinde Edingen-Neckarhausen, da kommt mir ein Mann entgegen. An sich auch erstmal nichts, was irgendwie meine Aufmerksamkeit erregt hätte, bloß fand ich es merkwürdig, dass er extrem schnell ging (schneller als alle Nordic Walker, denen ich so begegne), dabei aber nicht sportlich, sondern eher recht elegant mit einem langärmligen roten Hemd gekleidet war.
Denke mir nichts dabei, skate wie gehabt weiter. In ca. 300-400 Metern Abstand sehe ich eine (ebenfalls elegant gekleidete) Frau mit einem wie am Spieß schreienden Säugling auf dem Arm stehen, die, als ich mich ihr nähere, auf mich zu getrottet kommt und mich anfleht, ich möge doch den Mann einholen und ihm sagen, dass er zu ihr gehen soll. Als wir uns auf dem Gehweg begegnen, packt sie meinen Unterarm und schüttelt ihn, um ihrer Bitte Nachdruck zu verleihen. Ihre Stimme überschlägt sich und sie wirkt komplett panisch und aufgewühlt.
Ich überlege mir kurz, ob ich ihrer Bitte Folge leisten soll, drehe mich dann tatsächlich um und fahre dem Mann im roten Hemd hinterher. Er aber beschleunigt erst weiter das Tempo und geht in ein Rennen über, was dennoch nicht verhindert, dass ich anfange ihn einzuholen, und rennt dann über die kleine Wiese am Straßenrand und verschwindet in den Büschen direkt am Neckarufer. Ich beschließe, dass es keinen Sinn hat, die Skates auszuziehen und ihm zu folgen.
Drehe mich wieder um, fahre weiter in Richtung Ladenburg. Als ich an der Frau vorbeikomme, sitzt sie auf dem Boden und versucht das Kind zu beruhigen. Verneint die Frage, ob man ihr irgendwie helfen könnte.

Ich fuhr dementsprechend weiter. Aber die Frage drängt sich mir dann doch auf, von was für einem zwischenmenschlichen Drama ich da gerade Zeuge wurde. Und da wünsche ich mir, ich hätte keine Phantasie, die dafür sorgt, dass ich mir potenzielle Szenarien der bisherigen Ereignisse und dessen, was jetzt noch kommen mag, ausmale.

1 Kommentar:

  1. Ich hatte gestern eine ähnliche Szene: Kam gerade vom Spaziergang mit Hund zurück, auf einem Parkplatz um die eine Ecke meines Hauses kreischt eine Frau einen Mann an, er solle ihr "die Schlüssel" zurück geben. Er am Telefon mit irgendwem, sie plärrt ihm vollkommen aufgelöst, weinend, sich die Haare raufend, ins Gespräch. Er schiebt sie weg, sie: "Get off of me! Don't touch me! Give me back my keys and my phone, you fucker!" Ich bin etwas näher hin, nicht zu weit, weil meine Hundetier fremde Männer nicht so gern mag, und hab gefragt, ob ich irgendwie helfen kann (schon dezidiert nicht nur an sie gerichtet); keine Reaktion von ihr, die mittlerweile plärrend auf dem Boden saß, kurzes, erschöpftes Kopfschütteln von ihm. Ich frag nochmal nach, selbe Reaktion; sie heult, wirkt vollkommen fertig, er weiterhin am Telefon. Ich warte noch ne Minute und geh dann mit dem Hund nach Hause, die Szenarien in meinem Kopf, mannigfaltig und die Frage, ob ich das Richtige getan hab, im Kopf.

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