Mittwoch, 14. März 2012

Sitzwachengedanken (Teil 2: Sprachen)

Eine Begebenheit aus meiner Sitzwache, die zwar nicht zum letzten Post passte ich aber der Leserschaft nicht vorenthalten wollte:

Der Patient, auf den ich aufpassen durfte, war 19quietschund20 geboren und hatte einen sehr deutsch klingenden Nachnamen. Auch schien er mich zu verstehen, als ich ihn auf deutsch ansprach und antwortete auch auf deutsch. Soweit alles unspektakulär.

Dann aber wurde er (mal wieder) nicht so bewusstseinsklar und fragte mich - als ich ihm mal wieder den Sauerstoffschlauch richtete -  auf Russisch, was denn los sei. Vor lauter Überraschung und Müdigkeit antwortete ich auch auf Russisch.

Ab dem Zeitpunkt an bestand der Mann auch darauf, mit mir nur noch auf Russisch zu reden. Das war ja auch kein Problem.
Was ich jedoch interessant bis faszinierend fand, war dass der Mann, sobald er anfing Russisch zu reden, ganz anders wirkte, als solange er deutsch geredet hat. So als sei sein gesamter Gesichtsausdruck verändert (von freundlich-verwirrt hin zu gereizt und verzweifelt), als sei er auf einmal ein ganz anderer Mensch.

Was ich mich vor allem frage - liegt es daran, dass bei ihm unterschiedliche Sprachen unterschiedliche Facetten seiner Persönlichkeit zum Vorschein bringen, oder daran, dass die gesprochene Sprache meine Wahrnehmung seiner Person prägt?

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