Mittwoch, 25. April 2012

Pluralismus

War gerade wegen meiner Doktorarbeit am ZI (Zentralinstitut für seelische Gesundheit - so) in Mannheim. Das ZI befindet sich in den Quadraten und zwar in einem Teil der Quadrate, wo ziemlich viele Menschen mit türkischem Migrationshintergrund wohnen und/oder ihre Läden haben.
Und wie fast immer, wenn ich da durchlaufe und mir die Restaurants, die Konditoreien, die Bekleidungsläden, die Menschen um mich rum anschaue, stellte ich mir die Frage, was daran jemanden stören könnte. Was Menschen dazu bewegt, gegen "die Ausländer" zu schimpfen und Panik vor einer "Überfremdung" zu schieben? Ich persönlich empfinde es immer als willkommene Abwechslung, auch mal dem Klang einer anderen Sprache lauschen zu können, Läden und Cafés zu sehen, die nicht so professionell-steril oder verkrampft-rustikal sind, wie die meisten deutschen Geschäfte und Lokale.

Heute kam mir die Idee, dass sich bei den meisten Menschen, die sich abfällig über "Türkenviertel" und Migranten äußern, die Ressentiments in erster Linie nicht gegen die Tatsache gerichtet sind, dass diese Menschen aus einem anderen Land kommen, sondern dass sie vor allem ein Problem damit haben, dass andere Menschen anders leben, sich anders verhalten, anders kleiden als sie selbst.

Denn nicht zuletzt sind es ja auch meistens dieselben "ausländerkritischen" Individuen, die auch schimpfen, wenn sie eine Gruppe von Jugendlichen, die einer Subkultur angehören, sehen. Die Jugendlichen tun ihnen zwar nichts, aber auch sie kleiden sich anders, haben andere Wertevorstellungen, andere Präferenzen bei der Freizeitgestaltung.

Und wenn man mit der Annahme durch den Tag geht, dass die eigenen Vorstellungen davon, wie man (in vielen Fällen auch: Mann) ein Leben zu führen hat, was schön und was hässlich ist, was einem wichtig sein sollte, eine unumstößliche Wahrheit sind, dann passiert es auch schnell, dass man jeden, der diese Sachen anders sieht, als Bedrohung, als Schandfleck oder ähnliches sieht.

Nun, ich finde Reihenhaussiedlungen und Vororte, wo die Eigenheime mit gepflegten Rasen und dem davor geparkten, frisch gewaschenen Auto in Reih und Glied stehen, hässlich. Ich persönlich würde (und hoffentlich auch: werde) nie ein businesswoman-Kostüm tragen. Und in den meisten verchromten, auf Lounge getrimmten, typische Lounge-Musik spielenden Cafés krieg ich das kalte Kotzen.
Dennoch kann ich bestens damit leben, dass es Menschen gibt, die genau das schön und ansprechend finden. Und ich sage auch nicht, dass es zu viele mainstream-Mittelschichtler in Deutschland gibt.

Just my two pence...

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