Dienstag, 26. Juni 2012

Sprache

Es gibt eine neurologische Ausfallerscheinung, die meistens Folge eines Schlaganfalls ist (im Sinne, dass der Schlaganfall der häufigste Grund für dieses Symptom ist; glücklicherweise führen bei weitem nicht alle Schlaganfälle dazu) ist die sogenannte Broca-Aphasie.
Eine Aphasie ist eine Sprachstörung, sprich: ein Problem in dem kognitiven Umgang mit dem Medium Sprache (im Gegensatz zu einer Sprechstörung, wo der mechanische Sprechakt gestört ist). Bei der Broca-Aphasie ist das Sprachverständnis nicht beeinträchtigt, lediglich die Sprachproduktion macht den Betroffenen Probleme. In ganz leichten Fällen äußert sich das durch Wortfindungsstörungen oder durch einen sehr abgehackten und agrammatikalischen "Telegrammstil". In sehr schweren Fällen können die Patienten nur noch einzelne Silben oder nur noch einen einzigen Laut repetitiv von sich geben. Im vollen Bewusstsein dessen, dass das, was ihren Mund verlässt, nicht dem entspricht, was sie ausdrücken wollen. Dass ihr Umfeld sie nicht versteht.
Warum schreibe ich das? Weil ich heute einen Patienten gesehen habe, der aufgrund einer Broca-Aphasie nach einem Schlaganfall nur noch drei Worte sagen konnte (aus Datenschutzgründen spezifiziere ich sie hier nicht, es waren aber drei kontextlose Substantive aus dem Alltagswortschatz). Nur noch drei Worte, mit denen sich der ansonsten geistig komplett klare Mann nun über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinweg mit seinem Umfeld verständigen kann.
Wählt drei zufällige Wörter und stellt euch vor, ihr müsstet nun den Rest eures Lebens mit ihnen auskommen. Tisch-Decke-Apfel. Tisch-Decke? Tisch-Tisch-Tisch!
Und allein bei diesem Gedankenexperiment, bekomme ich das Gefühl, an meiner Sprachlosigkeit zu ersticken.

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