Freitag, 6. Juli 2012

Lyrik, die Zweite


Ein etwas aktuellerer Text:

Vorbei an angenagten Tageskrusten,
Vorbei an ausgesaugten Wunschhülsen,
die umso leerer wurden, je mehr
man sie erfüllte.
Im Leben wiederholt sich alles zweimal.
Einmal,
zweimal;
zweimal,
einmal,
keinmal.
Zweimal – wiederholen wir, weil wir die Worte
“Wir drehen uns im Kreis” vergessen
und das “Ich habe mich verirrt”
verloren haben.

Und dankbar fliehst du
in das weiße Rauschen des
bildlosen Schlafes
vor den Fieberträumen des Alltags.
Doch sollte die Nacht dich unbarmherzig
Wache schieben lassen,
Schau nur zur Uhr,
schau bloß nicht weg,
wer weiß, welch großen Satz die Zeit
sonst insgeheim machen könnte?

Wir drehen uns im Kreis.

Metallisch bellendes Lachen
eines neuen Morgens
treibt dich aus der Arglosigkeit
heraus, gibt Bewegungsimpulse
heraus aus dem Stillstand.
Still
Stand.
Still
Stehen,
Still
Denken,
Fühlen,
Leben.
Still. Sein. Verboten.
Voran – renn, sprich.
Bleib auf Brücken nicht stehen,
sonst lockst du den Nebel heran,
der den Steg in eine Insel verwandelt
und dich gefangen nimmt.

Vogelflügel flüstern
Lieder – nicht für deine Ohren,
Hör weg, denn viel zu viel
erzählen sie von deinem Leben.
Nicht vor Ehrfurcht lässt
der weite Nachthimmel dich erschaudern,
sondern weil in seiner Leere
du dein Spiegelbild erkennst.

Ich habe mich verirrt.

Und wenn wir miteinander reden,
blicken wir ins trübe Wasser,
tauchen tiefer in das Schweigen
suchen Gründe
auf dem Grund,
begründen
grundlos
gründlichst
unsere grundverschiedenen
Ergründungen,
während unsere Münder aus- und zugehen,
die Zungen durstig nach Wasser leckend,
und Feuchtigkeitswolken hinaustreibend.

Die Stadtlichter verschwimmen
zur Feuerbrunst, an der
du dich gerne wärmen würdest,
das Rauschen der Autoreifen
wird dir zum Wiegenlied,
während du am Rand
eines neuen Tages nagst,
bis er sich wiederholt
und du nicht mehr weißt,
worauf du wartest.

Einmal,
zweimal...

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